Paul Wechselberger über seine Zeit in der Mehrerau

Paul Wechselberger hat 2021 seine Matura am Collegium Bernardi erfolgreich abgelegt. In seinem Internet-Blog "Erwarte nichts - Aber mach das Beste daraus!" schreibt Paul über sein Leben und hat dort kürzlich auch einen Beitrag über seine Schulzeit in der Mehrerau veröffentlicht. Nachstehend findet sich ein Auszug daraus. Der komplette Text ist in seinem Blog abrufbar (hier).

 

Freundlich, offen, immer hilfsbereit: Mehrerau

 Mein Name ist Paul Wechselberger. Von 2013 bis 2021 war ich Schüler in der Mehrerau. In meinem Internetblog „Erwarte nichts – Aber mach das Beste daraus!“ schreibe ich über mein Leben mit einer fortschreitenden Muskelerkrankung, aber oft auf humorvolle und selbstironische Weise! Jetzt habe ich einen Text über meine positiven Erfahrungen während meiner Schulzeit am Collegium Bernardi geschrieben. Hier ist nur ein Teil davon. Falls Du mehr erfahren möchtest, würde ich mich riesig freuen, wenn Du meinen Blog besuchst!

Auch wenn die Mehrerau ein katholisches Privatgymnasium ist, sind Schüler anderer Glaubensrichtungen hier ebenfalls willkommen. Auch jene ohne Religionsbekenntnis, oder welche, die sich – wie ich – eher als atheistisch sehen, werden mit offenen Armen empfangen. Es geht vor allem um ein respektvolles Miteinander und darum, die Menschen dafür zu akzeptieren, wer sie sind. Es sind Werte der Menschlichkeit, die unabhängig von der Religion unverzichtbar sind.

Ähnlich wie mit dem Glauben, verhielt es sich auch mit dem Sport. Dieser ist ein wichtiger Teil der Identität der Schule. Es gibt eine Fußball-, eine Handball- und eine Segelakademie. In der Unterstufe war stets mehr als die Hälfte meiner Klasse in einem dieser Sportzweige, in der Oberstufe war es sogar die ganze Klasse! Außer mir natürlich. Trotzdem fühlte ich mich immer wohl in der Klasse. Ich kam mir in der Schule genauso willkommen vor und wurde stets gut behandelt. Wenn ein Atheist, der mit einer starken körperlichen Einschränkung lebt und somit auch nicht viel mit Sport am Hut hat, sich in einer katholischen Privatschule mit Sportzweig wohl und willkommen fühlt, sagt das schon einiges Positives über diese Schule aus!

All die Jahre haben sich Menschen stets sehr darum bemüht, dass mein Schulalltag möglichst gut funktionierte. Wenn es darum ging, individuelle Lösungen zu finden, konnte ich immer mit Unterstützung rechnen. Unter normalen Umständen hätte ich mit dem Übergang in die Oberstufe in die Parallelklasse wechseln müssen. Bereits in der Unterstufe waren in meiner Klasse viele aus der Sportakademie. In der fünften Klasse kamen noch weitere dazu, während gleichzeitig einige Nichtsportler nach der vierten Klasse die Schule gewechselt hatten. Deshalb sollten die beiden Klassen so zusammengesetzt werden, dass alle Sportler in die A-Klasse - der ich bis dahin angehörte - und alle anderen in die B-Klasse gehen würden. Das hätte an sich auch Sinn gemacht, denn die Stundentafeln unterschieden sich etwas. Klar, die Sportler hatten mehr Sport, aber dafür beispielsweise kein Französisch. Da ich meine Klasse aber schon lange gewohnt war und ja auch für manches Unterstützung von den Mitschülern brauchte, wobei es von Vorteil war, dass sie mich bereits länger kannten, setzte sich meine Klassenvorständin sehr für eine alternative Lösung ein. Mit Erfolg! Ich durfte in meiner Stammklasse, der A-Klasse, bleiben, nahm in einzelnen Fächern aber am Unterricht der B-Klasse teil.

Die Stundenpläne beider Klassen waren genau aufeinander abgestimmt, sodass sich meine Stunden in der einen Klasse nie mit jenen in der anderen überschnitten. Wer auch immer sich um die Stundenpläne gekümmert hat: Ich möchte mich bei ihm oder ihr herzlich bedanken! All diese Mühen, um einem einzigen Schüler unterstützend entgegenzukommen? Das nenne ich Einsatz! Und ein gelungenes Beispiel für Inklusion: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg! Dieser Spruch gilt nämlich nicht nur für den Betroffenen selbst, sondern auch das Umfeld kann etwas beitragen, wie es in diesem Fall auch passiert ist!

Generell bekam ich von den Mitschülern Hilfe und Unterstützung, wo immer es nötig war. In meiner Klasse gab es meist ein engeres Team von Mitschülern, die sich besonders kümmerten, aber eigentlich halfen auch alle anderen. Die Aufgaben waren zum Beispiel, mich im Rollstuhl von A nach B zu schieben oder mir zwischen den Stunden die Materialien für das jeweilige Fach auf meinem Tisch herzurichten.

Was mir an den Mitschülern auch gefiel: Es war regelmäßig für Unterhaltung gesorgt! Bevor ich Zeit in der B-Klasse verbracht habe, wusste ich nicht, dass es möglich ist, die Reste einer Fertignudelsuppe aus der Nachbarklasse zu dritt fertig zu essen und dabei anstelle von Besteck eine Schere herumzureichen.

Manche Schüler stellten bewusst die dümmsten Fragen, um die Geduld der Lehrpersonen auf die Probe zu stellen. Im Physikunterricht wollte unser Lehrer ein Experiment mit einem Fußball durchführen. „Isch des an Ball, oder an Basketball?“, rief ein Schüler heraus, der sich wahrscheinlich besonders kreativ vorkam. Leider traf er damit nicht gerade den Humor des Lehrers, denn dieser schickte ihn raus aus dem Physiksaal und gab ihm eine Sonderaufgabe mit, die er allein im Klassenzimmer bearbeiten musste.

Auch bei einem Experiment im Chemieunterricht hatten ein paar Mitschüler eine kreative Idee. Zur Demonstration einer Thermitreaktion ging die Klasse nach draußen in den Schulhof. Dort fand jemand einen Sack alte Hundekacke. Schnell bildeten mehrere Schüler einen Kreis. Einer warf den Sack in die Luft, nachdem er verkündet hatte: „Derjenige, auf dem es landet, ist ein Opfer!“

Wenn ich mich jetzt an die Jahre am Collegium Bernardi Mehrerau erinnere, wird mir bewusst, was für eine gute Zeit ich dort oft hatte und wie wertvoll und prägend dieser Lebensabschnitt eigentlich ist.

Paul_Wechselberger